Frauen in der Architekturgeschichte
Wir schreiben das Jahr 2017. Eine Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt/M. zeigt Leben und Werk von 22 deutsch (-sprachigen) Architektinnen (mit Margarete Schütte-Lihotzky ist auch eine Österreicherin darunter). Die Rezensenten im Feuilleton der großen deutschen Zeitungen geben sich erstaunt und begeistert, dass es Architektinnen gab – ganz so, als ob das Thema zum allerersten Mal aufgegriffen worden sei. Das ist natürlich Unsinn. Aber die Ignoranz der Rezensenten kann nicht den KuratorInnen zum Vorwurf gemacht werden. Und irgendwie stimmt es ja auch wieder, denn in der über dreißigjährigen Geschichte des Museums widmeten sich ganze vier (!) von hundert monographischen Ausstellungen dem Werk von Frauen. Der mit solidem Quellenmaterial üppig bebilderte Katalog präsentiert einen bunten Reigen von Architektinnen, von der Pionierin Emilie Winkelmann bis hin zu Architektinnen der Gegenwart. Ein breites Spektrum an Lebensläufen, künstlerischen und politischen Einstellungen wird sichtbar. Als Autorinnen wurden zahlreiche Expertinnen eingebunden, auch übergreifende Beiträge fehlen nicht. Die Zweite Frauenbewegung wird explizit gewürdigt, etwa die feministische Initiative „Frauenzentrum Schokofabrik“ in Berlin. Inhaltlich war mir das meiste schon bekannt, doch auch ein paar Neuentdeckungen waren dabei. Insgesamt: ein guter Überblick, der die Leistungen von Frauen einem breiten Publikum vermittelt und auch für Kennerinnen noch Neues bietet.
Sonja Hnilica
Frau Architekt. Seit mehr als 100 Jahren: Frauen im Architekturberuf. Hg. v. Mary Pepchinski, Christina Budde, Wolfgang Voigt und Peter Cachola Schmal. 316 Seiten, Ernst Wasmuth Verlag, Tübingen/Berlin 2017 EUR 49,40