Genauer hinschauen
Wie wird Prostitution unter den Bedingungen städtischer Neoliberalisierung regiert? Dieser Frage geht die Autorin in ihrer Dissertation anhand dreier Beispiele in Deutschland nach. Sie zeigt dabei auf, dass die These der Verdrängung von Sexarbeit durch Gentrifizierungsprozesse zu kurz greift und zu einseitig ist – vielmehr existieren unterschiedliche, teils widersprüchliche Tendenzen der Vermarktung, Verwaltung, Inklusion und Unsichtbarmachung in der neoliberalen Stadt. Um die komplexen Dynamiken und Politiken von Sexarbeit auf lokaler Ebene zu beschreiben, bedient sich die Autorin durch die Verwendung von marxistischen, poststrukturalistischen und Assemblage-Konzepten einer Theorie- und Methodenvielfalt. Dies macht die Darstellung teilweise komplex und hochschwellig, gleichzeitig gelingt ihr dadurch auch eine detailreiche, tiefgründige und analytisch hochwertige Arbeit. Bei aller Komplexität ist jedoch hervorzuheben, dass die Autorin stets die Auswirkung des lokalen Regierens auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Sexarbeiter*innen im Blick hat und nicht vergisst, das Prostitutionsregime im Kontext breiterer gesellschaftlicher Machtverhältnisse zu sehen sowie die Einflüsse von Migrationsregimen, Sozialpolitiken, etc. auf die Sexarbeitenden zu berücksichtigen. Für all jene, die schon etwas Ahnung von der Materie haben, bringt die Arbeit von Jenny Künkel interessante neue Perspektiven, spannende Erkenntnisse und vor allem zahlreiche Anstöße zum Weiterdenken/Handeln. Eine unbedingte feministische Empfehlung.
Maria Hörtner
Jenny Künkel: Sex, Drugs & Control. Das Regieren von Sexarbeit in der neoliberalen Stadt. 342 Seiten, Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2020 EUR 33,00