Gender Gap revisited

Reflexionen zur Positionierung von Frauen im Kontext der Kunst sind Thema der Publikation von Priska Seisenbacher und Verena Humer. Die beiden Autorinnen ziehen für ihre Untersuchungen über Gender-Verhältnisse Literatur, Film, Theater, Performance und bildende Kunst heran, ein weiterer Teil des Buches besteht aus Interviews mit Gesprächspartnerinnen aus unterschiedlichen Kunstbereichen. Eine Aussage, formuliert von Barbara Albert: „Die Frau als Genie scheint unmöglich“. Weitere Interviewpartnerinnen sind Renate Bertlmann, Xenia Hausner, Barbra Pichler, Christiane von Poelnitz, Eva Brenner, Elke Krystufek, Olga Flor und Marlene Streeruwitz. Durch die direkte Rede wird ein lebendiges Bild gezeichnet, das sich mit seinen subjektiven Bestandteilen wie ein Mosaik zusammenfügt. Spannend wie divergent manche Positionen sich zeigen, wie pragmatisch und trickreich teilweise mit den Benachteiligungen umgegangen wird, und wie illusionslos manche Standpunkte argumentieren. Trefflich zeigt sich, wie der quasi-religiöse Einfluss einer kapitalistischen Weltsicht als Herrschaftsdoktrin mit den patriarchalen Strukturen der Kirche korrespondiert, wie in Renate Bertlmanns Reliqiuienbildchen „San Erectus“. Weitere Aspekte sind Bezie-hungsmodelle, Mutterschaft, patriarchalökonomische Sprachgewalt, Ökonomisierung von Beziehungen. Extrapoliert bei Elfriede Jelinek, aber auch in Filmen wie Nordrand von Barbara Albert. Ein umfassender Referenzteil mit sorgfältigen Quellenangaben runden das Buch ab.
Susa

Priska Seisenbacher und Verena Humer: Ökonomie und Gender. Künstlerische Refle–xionen von Frauen in Österreich zwischen 1968 und heute. 326 Seiten, Praesens Verlag, Wien 2017 EUR 28,90