Häusliche Reproduktionsarbeit

1910 schreibt die Feministin Charlotte Perkins Gilman diesen Roman über die Hausarbeit. Im Mittelpunkt steht Diantha Bell, die in Kalifornien ihre Familie und Verlobten verlässt, um als Frau, entgegen vorherrschender Konvention in bürgerlichen Familien, ökonomisch unabhängig zu werden. Sie beginnt ihr neues Leben als Haushälterin, wo sie relativ rasch aufgrund ihrer rationellen und professionellen Vorgangsweise die Herzen im Sturm gewinnt. Bei einer öffentlichen Versamm¬lung hält sie eine brennende Rede, wie die Hausarbeit durch arbeitsteilige Prozesse für einzelne Haushalte erleichtert werden kann. Dort findet sie weitere MäzenInnen, die sie dabei unterstützen ein eigenes Dienstleistungs¬unternehmen zu gründen, in dem es darum geht, Essenslieferungen zu gewährleisten und Personal für stundenweise Hausarbeiten zu organisieren. Die Autorin leistet eine präzise Bestandsanalyse und Kritik an den damaligen bürgerlichen Verhältnissen der häuslichen Reproduktionsarbeit. Auch wenn sie die Geschlechterverhältnisse fortschreibt, indem sie diesen wesentlichen aber gesellschaftlich zumeist unterschätzten Zweig des Lebens weiterhin den Frauen überlässt, lassen sich zahlreiche Anhaltspunkte finden, wie kritisch die Autorin den verkrusteten Geschlechterrollen gegenübersteht. Ein lohnenswert zu lesender Roman, der historische Verhältnisse glaubwürdig widerspiegelt und durch die Analyse von Petra Schaper Winkel im Nachwort überzeugend kontexualisiert wird.

ML

Charlotte Perkins Gilman: Diantha oder der Wert der Hausarbeit. Aus dem amerik. Engl. von Margot Fischer. Hg. und Nachwort von Petra Schaper Rinkel. 223 Seiten, Mandelbaum, Wien 2017 EUR 19,90