Kein Leben ohne Poesie

Sprache ist Klang, ist Rhythmus, ist sinnlich. Bis in die letzten Ränge der Wirklichkeit sollen sich die eindringlichen Worte von Lisette Lombé nach ihrem Wunsch verbreiten: Zu denen, die ausgelassen werden, die unsichtbar sind, die sich zwischen den Zeilen verstecken. Alle sollen angesprochen sein, wenn sich die brennende Wut des Aufbegehrens und die bittere Trauer des Übersehenwerdens ihren Weg aufs Papier suchen. Der Entstehungskontext im Poetry Slam ist unüberhör(?)seh(?)bar; Lisette Lombé ist Mitbegründerin der Plattform L-Slam, gewann 2020 den Prix Grenades für das hier vorgestellte Buch und ist 2024 und 2025 belgische Nationaldichterin (Poétesse nationale de Belgique). Die sich wiederholenden Versformen, Versatzstücke und Refrains unterstreichen mit Nachdruck ihre Botschaft: antirassistisch, queer und feministisch werden Missstände angeprangert, Mikro- und Makromomente der Ungerechtigkeit. Die Lebensrealität der kleinen Angestellten findet Platz neben Klagerufen nach jenen, die radikalisiert nach Syrien ziehen, um zu verschwinden. Gewaltige Gefühle, die sich auftun zwischen den Widersprüchen, mit lustigen, sanften und erotisch-knisternden Zwischentönen. Odile Kennels Übersetzung bringt in der zweisprachigen Ausgabe ihre eigene Note mit und erzeugt einen Sprachfluss, der die großartigen Rhythmen bestmöglich transportiert. Empfehlung für all jene, welche sich der Bandbreite an Lebensrealitäten nicht verschließen wollen.

PS

Lisette Lombé: Brennen Brennen Brennen. Aus dem Franz. von Odile Kennel. 144 Seiten, Assoziation A, Berlin 2024 EUR 18,00