Löwenliebe

Zahlreiche historische Zeugnisse belegen den Einfluss von Tieren auf Menschen und umgekehrt, Freundschaft ebenso wie Feindschaft. Wer je selbst persönliche Bekanntschaft mit einem Tier gemacht hat, etwa einem Hund oder einer Katze, einem Huhn oder gar Papagei, kann sich daher über die Frage nur wundern, ob Tiere Gefühle haben. Wie genau aber lassen sie sich mit menschlichen Emotionen vergleichen? Die brisante Frage nach der Rolle von Gefühlen in Mensch-Tier-Beziehungen wird in der ebenso spannenden wie inspirierenden Ausgabe der Serie Tierstudien erörtert – aus psychologischer, historischer, literarischer und pädagogischer Warte. Beziehungen zu Tieren gewähren einen unverstellten Zugang zu Emotionalität, gerade weil das intellektuelle Element der Sprache fehlt. Emotionen verbinden Menschen und Tiere stärker als der Intellekt. Interessanter Punkt hierbei ist die traditionelle Zuschreibung des Weiblichen zum Animalischen und die Parallelen von Sexismus und Speziezismus: der weiße Mann als höchstes Lebewesen, das Tier das niederste, Frauen und Nicht-Weiße in der Mitte. Hinterfragt wird auch die menschliche Rechtfertigung, Herr über Leben und Tod zu sein. Sich als Mensch bewusstseinsmäßig und emotional höher zu positionieren erweist sich als leicht durchschaubarer Trick, der durch die Erkenntnisse der Verhaltensforschung herausgefordert wird. Der Umgang mit sensiblen Lebewesen erweist sich erneut als Thema von politischer Bedeutung – was sagt er über eine Gesellschaft aus? Susa

Tiere und Emotionen. Tierstudien. Wissenschaftsreihe. Hg. von Jessica Ullrich und Marianne Sommer. 172 Seiten, Neofelis, Berlin 2020 EUR 14,40