Made in Hollywood
Wie für viele andere begann auch für mich die #MeToo-Bewegung mit dem Posting einer Bekannten auf Facebook und erst in den darauffolgenden Tagen erfuhr ich mehr über die Entstehungsgeschichte – den Namen Harvey Weinstein hatte ich zuvor noch nie gehört. Der Hashtag und die Entstehung einer weltweiten Bewegung ist jedoch kein zufälliges Social-Media-Phänomen, sondern die unerwartete Fortsetzung journalistischer Recherchearbeit von Jodi Kantor und Megan Twohey, zwei Journalistinnen der New York Times. In ihrem Buch „#MeToo. Von der ersten Enthüllung zur globalen Bewegung“ berichten sie von Monaten an Recherchearbeit, Interviews mit Opfern, Verhandlungen und den abgebrühten Versuchen Weinsteins, sowohl seine Opfer als auch die Journalistinnen mundtot zu machen. So wird immer immer wieder von Verträgen, die die Opfer zur Verschwiegenheit verpflichten, und von Entschädigungszahlungen berichtet. In leichter, verständlicher Sprache und mit Verzicht auf juristischen Jargon gibt das Buch nicht nur Einblicke in die harte und manchmal auch von Rückschlägen geprägte Welt des Journalismus, sondern auch in die meist unsichtbaren Machtstrukturen Hollywoods und anderer Unternehmen. Spannend wie ein Krimi fiel es mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen, und ich konnte auch ein wenig die Persönlichkeiten der Journalistinnen herauslesen. Die geschilderten Details legen das oftmals vergessene Fundament der #MeToo-Bewegung offen und verleihen den betroffenen Frauen und ihren Erfahrungen eine ungefilterte Stimme.
Tamara Stanislaw
Jodi Kantor, Megan Twohey: #MeToo. Von der ersten Enthüllung zur globalen Bewegung. Aus dem amerik. Engl. von Judith Elze und Katrin Harlass. 352 Seiten, Tropen, Stuttgart 2020 EUR 18,50