Materialität und Materialismus reloaded
Im Sammelband von Löw et al. werden internationale Debatten um Materialität und Materialismus der letzten Jahre gebündelt dargestellt. Die sogenannten neuen Materialismen sind – wie bisher jeder feministische Theoriestrang, der für sich beansprucht „neu“ zu sein – Gegenstand feministischer Kritik und Leidenschaft. Den Proponent_innen geht es wieder und doch wieder anders begründet um feministische Kernthemen wie u.a. Biologisie-rung, Essenzialisierung und Universalisierung, um die materiellen Bedingungen der menschlichen Existenz und um Wege zum guten Leben für alle. Dabei nehmen soziale Bewegungen wie „Buen Vivir“ und ihre Verbindung von Politisie-rung und Theoretisierung materieller Bedingungen eine wichtige Rolle ein. Der Band bietet eine ausgiebige Begriffsdiskussion und Beiträge zu wissenschaftskritischen Perspektiven auf Materie, Ontologien des Materiellen und zum agentiellen Realismus, ebenso wie Einblicke in verschiedene Facetten feministischer Materialitätsdiskurse. Dabei wird von den Autor_innen immer wieder versucht, existierende Trennlinien zwischen poststrukturalistischen bzw. dekonstruktivistischen feministischen und systemanalytischen Ansätzen aufzubrechen. Der Band ist als Einführung in das Themenfeld jedenfalls sehr lesenswert und er zeigt auch, warum die Entwicklung einer einheitlichen feministischen Gesellschaftstheorie der Gegenwart ambivalent bleibt – bleiben muss.
Roswitha Hofmann
Material Turn: Feministische Perspektiven auf Materialität und Materialismus. Hg. von Christine Löw, Katharina Volk, Imke Leicht und Nadja Meisterhans. 205 Seiten, Budrich, Opladen-Berlin-Toronto 2017
EUR 30,80