Mein Herz ist ein Fenster
Drei Texte sind es, die Helena Adler knapp vor ihrem Tod fertiggestellt hat. Zentral ist allen drei: das Aufbäumen gegen den Morast der Provinz, der Kampf gegen die allumfassende Schwermut, der Versuch, dem unausweichlichen Tod so lange wie möglich zu entkommen. Einer ungeheuren Druckwelle gleichend baut sich die Sprache der Protagonistin/Autorin auf, die in Miserere Melancholia, dem letzten Text des Bändchens, in einer atemberaubenden Zwiesprache mit dem Albdruck, der Krankheit, endet. Neugierig will der Alb wissen, was sie zu Papier gebracht hat, um verzückt festzustellen, dass sie wieder zu schreiben begonnen hat:
„Mein Herz ist ein Fenster vom All auf die Welt.
Mein Herz ist ein Fenster, aus dem ich lehne.
In der Hölle bin ich weg von diesem Fenster.
Mein Herz ist ein Felsen, von dem ich stürze.“ (S. 54)
Leichte Kost sind Helena Adlers Texte nicht, wer sich aber von diesem reißenden Strom von Beobachtungen, Gedanken und Gefühlen mitnehmen lässt, wird nach der Lektüre gewiss nicht mehr dieselbe sein. Und das ist gut so!
Elisabeth Streit
Helena Adler: Miserere. Drei Texte. 72 Seiten, Jung und Jung, Salzburg 2024 EUR 16,00