Menschlichkeit gesucht!
Die Erwartungshaltung ist hoch, wenn frau in Zeiten, wo der Rechtsruck weltweit massiv ist, von einem neuen Szeneroman hört, der diesem entgegenwirken möchte. Elsa Koesters Roman weist aus der Perspektive der Ich-Erzählerin Nana nach, dass es aktuell nicht darum gehen kann, schwarz-weiß zu malen, sondern dass wir die Komplexität politischer Lager nur begreifen können, wenn wir unter deren Oberfläche kratzen.
Die Ich-Erzählerin Nana nimmt uns mit in eine Kleinstadt in den Nordosten von Sachsen, wo sie als Coach versucht, die aufgeschlossene Zukunfts-Grüne Katja dabei zu unterstützen, dass diese bei den bevorstehenden Wahlen Bürgermeisterin wird. Antifas, Faschos, migrantische Gruppen, queere Menschen und eine vegane Gastronomin lernen wir neben Politiker*innen kennen, die allesamt Stärken und Schwächen beweisen. Es geht nicht darum, einseitig Partei zu ergreifen, sondern Problembewusstsein zu entwickeln. Die Autorin ist darum bemüht, neben zahlreichen Klischees, die über die einzelnen Gruppen kolportiert werden, darüber aufzuklären, dass Vorverurteilungen für ein konstruktives Miteinander nicht sinnvoll sind. So gesehen ideologisiert der Roman nicht, sondern fordert auf, besser zuzuhören, um zu begreifen, um abzuwägen, welche Argumente besser zutreffen. Möglicherweise liegt gerade darin die Qualität des Romans, dass er keine einfachen Lösungen im Gepäck hat, sondern uns am Ende mit einer gewissen Sprachlosigkeit wieder uns selbst überlässt und an unsere Offenheit appelliert.
ML
Elsa Koester: Im Land der Wölfe. 320 Seiten, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt/M. 2024 EUR 24,80