Mit der Kälte kommt die Klarheit

Schnee, eisiger Wind, Fjells, Eisbären, ständige Dunkelheit oder permanentes Sonnenlicht sind die Merkmale, die alle Erzählungen im Band Permafrost von Eva Botofte enthalten. Die Geschichten erzählen von Frauen und Männern, die auf Spitzbergen, einem norwegischen Archipel und dem am nördlichsten gelegenen von Menschen bewohnten Gebiet, leben bzw. von der Flucht von diesem merkwürdigen Ort träumen. Es sind keine lustigen Erzählungen – im Gegenteil. Wir lesen von Menschen, die vor allem allein in ihren weit von Städten abgelegenen Häusern leben. Es scheint, dass die zeitweise surreal anmutende Umgebung dazu führt, dass Einsamkeit, Lebensfeindlichkeit und kapitalistische Verwertung noch von dem entferntesten Winkel der Erde, zu einem regen Innenleben der Protagonistinnen führen, das wenig oder gar kein Feedback von Angehörigen, Freundinnen oder der Gesellschaft einbringt. Ein zarter roter Faden, der sich durch drei Erzählungen zieht, ist das Saatgutlager „In einem Betonbunker mitten im arktischen Meer …“. „Eigentlich glaubt sie nicht mehr an Reisen. Nicht daran, dass man die Fragen des Lebens geografisch lösen kann.“ Eine Fülle von Gedanken dieser Art lassen sich in Botoftes Erzählungen finden. Es ist ein sehr schöner Band, illustriert mit Zeichnungen der Autorin. Eine Empfehlung für alle, die das Lyrische in der Prosa schätzen und nicht auf einen rasanten Plot aus sind.
 Beate Foltin
Eva Botofte: Permafrost. Erzählungen von Spitzbergen. 112 Seiten, Edition A.B. Fischer, Berlin 2020, EUR 18,50