Nabelschnur in ein anderes Leben
Vier Generationen von Frauen erleben in diesem Roman, wie wertlos ihre Existenz vom Mädchenalter an gemacht wird und was ihnen aufgrund ihrer Nichtigkeit in einer patriarchalen Gesellschaft zustoßen kann. Magda wird im jungen Alter von ihrer Mutter als Magd an einen Bauernhof geschickt, damit in der Familie ein Maul weniger zu stopfen ist. Sie stirbt bei Mathildas Geburt, die der Vater daraufhin weggibt und die sich fortan alleine in einer feindseligen Welt durchschlagen muss. Um sie vor plündernden und vergewaltigenden Soldaten zu bewahren, schickt Mathilda ihre Tochter Marlies fort. Marlies entkommt diesem Schicksal aber ebenso wenig wie ihre Mutter, ihre Nachbarinnen und ihr kleiner Bruder. Sie landet schließlich in einer Ehe mit einem Mann, dem sie nichts entgegenzusetzen hat, als er die kleine stumme Milla, deren Nabelschnur sich bei der Geburt um ihren Hals gewickelt hat, in ein Heim gibt. Der Familie zuliebe und weil sie es unter ihresgleichen sicher viel schöner haben wird.
Vernachlässigung, Missbrauch und ein beharrliches Schweigen über die Gewalt, der die Mädchen in Familie und Schule, durch Armut, Krieg oder ableistische Gewaltstrukturen ausgesetzt sind, ziehen sich wie selbstverständlich durch das Leben der vier Frauen. Dennoch entwickelt jede auf ihre Art eine Widerständigkeit und beginnt beharrlich mit dem Finger auf die Verhältnisse zu zeigen und zu begreifen, wie die Verbundenheit zu anderen Frauen handlungsfähig macht. Leseempfehlung! dallh
Gudrun Büchler: Unter dem Apfelbaum. Roman. 221 Seiten, Septime, Wien 2014 EUR 18,90