Parteilichkeit gegen Gewalt

Bereits im Handbuch Antisexistische Awareness (2017) schildert Ann Wiesental, wie sich 2007 von sexualisierter Gewalt betroffene Aktivistinnen innerhalb des G8-Gipfel-Protestcamps in Deutschland formierten, um sich nach Übergriffen und Diskriminierungen solidarisch zu zeigen und gegenseitig emotional zu unterstützen. Ein bis heute geführter Aushandlungsprozess um die Definitionsmacht sowie den Umgang mit Betroffenen und jenen Personen, die anderen schaden, wurde angestoßen. 2025 zieht die Autorin Bilanz und warnt vor der Verflachung der inhaltlichen Ziele sowie vor der Verdrängung des „Betroffenen kontrollierten Ansatzes (BkA)“ durch Institutionalisierung und Konkurrenz. Der Kritik folgen zahlreiche Vorschläge für die Gesprächsführung und die Rahmenbedingungen, um eine verlässliche Ansprechperson zu verkörpern. Die Haltung, welche die langjährige queerfeministische Aktivistin hier fordert, setzt ein aufrichtiges Interesse an den Wünschen und Bedürfnissen der betroffenen Personen als auch die intersektionale Reflexion von Machtmechanismen voraus. Begriffe und deren Anwendung in der praktischen Unterstützungsarbeit werden nachvollziehbar erklärt. Der Leitfaden für die Erarbeitung eines eigenen Awareness-Konzepts basiert auf persönlichen Erfahrungen als Betroffene und als Unterstützende. Was bereits 2017 galt, wird in dieser zweiten Publikation teilweise konkretisiert und ergänzt. Die Arbeit der Leute mit den Lichterketten bei Konzerten und in Clubs wird sichtbar und gewürdigt.
anita inzinger
Ann Wiesental: Haltung zeigen. Awareness als Antwort auf Diskriminierung und Gewalt. 136 Seiten, Unrast, Münster 2025 EUR 13,20