Rassismus reloaded

Herbst 1973: Elf Jahre ist der Algerienkrieg vorbei – doch die Nachwirkungen sind immer noch zu spüren. Viele aus Algerien zurückgekehrte Franzosen träumen noch immer von der guten alten Zeit der Kolonialisierung und sind allein in Marseille mit ihren rund hunderttausend Personen eine nicht zu unterschätzende Macht. Sie wollen die Algerier aufmischen und aus ihrem Land vertreiben – mit freundlicher Unterstützung von Polizei, Justiz und Medien. Die ohnehin aufgeheizte Stimmung eskaliert, als ein psychisch kranker Algerier einen Busfahrer tötet und es in der Folge zu einer Welle rassistischer Hetze kommt: Der 16-jährige Malek wird auf offener Straße erschossen, die zuständige Police Urbaine ermittelt halbherzig und auffallend schlampig. Nur der aus Paris stammende Commissaire Daquin und seine Kollegen Grimbert und Delmas widmen sich der Sache mit dem nötigen Eifer und finden bald Spuren, die in die eigenen Reihen führen. Knapp und markant, nahezu dokumentarisch zeichnet Manotti ein düsteres Szenario, das umso bedrohlicher wirkt, weil es sich vor dem Hintergrund wahrer Begebenheiten entfaltet. Harter Stoff, nahe an der Belastungsgrenze.
 Elke Koch
Dominique Manotti: Marseille.73. Aus dem Franz. von Iris Konopik. 400 Seiten, Argument Verlag, Hamburg 2020, EUR 23,00