Raumproduktion – eine Frage des Geschlechts?
„Doing Space while Doing Gender“ ist der dritte Sammelband des interdisziplinären Graduiertenkollegs „Dynamiken von Raum und Geschlecht“ der Universitäten Göttingen und Kassel. Ausgehend vom Befund, dass der „spatial turn“ in der Geschlechterforschung kaum stattgefunden hat, sowie umgekehrt, dass Analysen zum Raum die Kategorie Geschlecht allzu selten miteinbeziehen, formulieren die Herausgeber_innen das Vorhaben, gerade die Verwobenheit von Geschlecht und Raum als Wirkmächte sozialer Ungleichheit in den Blick zu nehmen. Dabei arbeiten sie mit dem Raum-Bild der rhizomatischen Struktur nach Gilles Deleuze und Félix Guattari, die auf das Wurzelwerk und seine vielfachen Vernetzungen unter der Oberfläche zurückgeht. „Fluchtlinien“ dieses Geflechts werden im ersten Kapitel vorgestellt und können als Konzepte, mit denen die Herausgeber_innen die Wechselwirkungen von Raum und Geschlecht denken, gelesen werden. Es sind essayistische Skizzen zu Exposure, Historisierung, Körper, Materialität, Medialität, Transsektionalität und Visualisierung. Das zweite Kapitel versammelt aktuelle Studien, beispielsweise zur sexualisierten Gewalt im öffentlichen Raum oder zur Vergeschlechtlichung öffentlicher Verkehrsmittel. Im letzten Kapitel schließt die Podiumsdiskussion der Tagung, aus der der Band hervorgegangen ist, die programmatische Klammer und erfrischt mit Offenheit. Die Ansprüche, wie sie in der Einleitung klug und leidenschaftlich gesponnen werden, lösen die Einzelbeiträge jedoch nur teilweise ein. Zumeist wird der Aspekt Raum zur bisherigen Forschung bloß addiert und häufig scheint die Auseinandersetzung mit dem Körper – in der Einleitung wird dieser immerhin als Schnittstelle von Doing Space while Doing Gender verortet – jene mit dem Raum zu ersetzen.
Eva Hallama
Doing Space while Doing Gender. Vernetzungen von Raum und Geschlecht in Forschung und Politik. Hg. von Aenne Gottschalk, Susanne Kersten und Felix Krämer. 324 Seiten, transcript, Bielefeld 2018 EUR 39,99