Seele sichtbar machen

Die französische Malerin Rosa Bonheur gilt als eine der berühmtesten und erfolgreichsten Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts. Ihre bevorzugten Modelle waren Tiere: Kühe, Pferde, Hunde bis hin zu Löwen und Tigern. Tiermalerei lässt sich kunsthistorisch seit dem 17. Jahrhundert verfolgen, und im 19. Jahrhundert ist das Genre besonders in England und Frankreich en vogue. Die Autorin bringt in anschaulichem Stil, mit zahlreichen transdisziplinären Kommentaren, klarer genderspezifischer Analyse und zahlreichen beeindruckenden Abbildungen den LeserInnen die historische Situation einer unabhängigen Künstlerin nahe, die sich selbstbewusst als weibliches Genie zu inszenieren verstand. Zudem scherte sich Rosa Bonheur nicht um gesellschaftliche Gender-Erwartungen, pflegte das Cross-Dressing und hielt sich eine eigene Menagerie von Tieren, um diese besser studieren zu können. Sie gab sich nicht androgyn, heißt es im Text, sondern hat sich schlicht keinem der beiden Geschlechtermodelle zugeordnet. Die Autorin fügt Biografie und Werkanalyse zusammen und hängt zwei didaktische Kapitel an, die klar einen feministisch ausgerichteten Blick auf Kunstgeschichte verlangen und Vorlagen dazu bieten. Darin werden Themen wie Wissenschafts- und Kunstgeschichte, zoologische Gärten, Mensch-Tier-Beziehung u.v.m. beleuchtet. Damit gelingt ihr als Draufgabe zum künstlerischen Teil eine Verbindung mit gesellschaftlicher Realität und Praxis.
Susa
Alina Christin Meiwes: Die Tiermalerin Rosa Bonheur. Künstlerische Strategien und kunsthistorische Einordnung im Kontext der Vermittlung.
236 Seiten, Nomos, Baden-Baden 2020, EUR 49,40