Solidarität ist weit mehr als nur ein Wort
Dulce Chacóns historischer Roman, im Original La voz dormida ist endlich auch auf Deutsch erschienen. Beginnend mit dem Ende des Krieges um die spanische Republik und der Etablierung der Franco-Diktatur zeichnet er den antifaschistischen Kampf bis in die 1960er Jahre nach. Aus dutzenden Lebensgeschichten von Kämpfer:innen webt Dulce Chacón die Geschichte des Kampfes und der Solidarität von vier Kommunistinnen, die im Frauengefängnis Las Ventas in Madrid inhaftiert sind, von deren Unterstützer:innen in der Roten Hilfe und ihren Familien. Sie erzählt vom bewaffneten Kampf, Repression, Klandestinität, vom Hunger, von Liebe und Solidarität und von der kommunistischen Organisation gegen den Franco-Faschismus. Die Anspannung und Sorge der Protagonistinnen treiben die Leserin durch diesen Roman. Zeugnisse über Las Ventas, in dem bis zu 14.000 statt geplanter 500 Frauen gefangen, gefoltert, vergewaltigt und hingerichtet wurden, sind rar und meines Wissens bisher nicht auf Deutsch erschienen. Neben dem Bericht von Mercedes Núñez Targa, El valor de la memoria: de la cárcel de Ventas al campo de Ravensbruck, legten die Kommunistinnen Juana Doña und Tomasa Cuevas Zeugnis von den Überlebensbedingungen in Las Ventas ab, auch der Film Las Cartas Perdidas von 2021 beschäftigt sich mit dem Schicksal der republikanischen Kämpferinnen. „Ni olvido ni perdon“ – Kein Vergessen, kein Vergeben! In dieser Zeit des Revisionismus antifaschistischer Geschichte nicht nur in Spanien…
Henrike Kovaćić
Dulce Chacón: Was Hortensia nicht mehr erzählen konnte. Aus dem Span. von Friederike Hofert. 421 Seiten, w_orten & meer, Hiddensee 2024 EUR 28,00