Stadt erkunden

Flanieren ist eine grundsätzlich urbane Tätigkeit – Betrachten von Auslagen, Durchstreifen von Parks und zielloses Spazieren erfordern eine städtische Umgebung mit Gebäuden und Straßen, anderen Menschen, hie und da Bäumen und vielleicht Hunden und Pferden. Darüber hinaus scheint das Flanieren wie aus der Zeit gefallen – eher ein wenig altmodisch, wie eine Stadterkundung eines früheren Jahrhunderts. Aus dieser literarischen Epoche stammt die Figur des Flaneurs, dem die Essayistin und Übersetzerin Lauren Elkin die Flâneuse gegenüberstellt. Sie mischt persönliche Skizzen und literarische Szenen aus Paris, Tokyo, Venedig, New York und London. Dabei greift sie auf fiktive Stadtstreiferinnen zurück und verknüpft deren Erfahrungen mit ihren eigenen. Virginia Woolfs oder Jean Rhys’ Figuren stehen denen von James Joyce oder Edgar Allen Poe in nichts nach. Die Autorin macht deutlich, dass die männlich geprägte Figur selbstverständlich ein weibliches Pendant hat, sowohl in der Literatur, als auch im realen Leben. Einer ihrer zahlreichen kritischen Einwürfe bezieht sich auf die unterschiedlichen Voraussetzungen für eine weibliche Flanierende: Der männliche Flaneur kann unbeobachtet beobachten – die Frau als Flâneuse hingegen nicht, weil der Mann quasi zum Inventar der Stadt gehört, die Frau aber wie auf der Bühne erscheint.

Susa

Lauren Belkin: Flâneuse – Frauen erobern die Stadt – in Paris, New York, Tokyo, Venedig und London. 400 Seiten, btb, München 2018 EUR 22,00