Subjekt und Statistik

Das Ordnen, Zählen und Messen der Bevölkerung mittels statistischer Verfahren ist eine alte Regierungstechnologie. Statistiken dienen als zentrale Entscheidungsgrundlagen und sind damit ein unabdingbarer Teil modernen Regierens. Dementsprechend beruhen auch die Antidiskriminierungspolitiken der EU in ihrer „Evidenzbasiertheit“ auf amtlichen Statistiken zu den sechs in der Antidiskriminierungsrichtlinie genannten Ungleichheitsdimensionen (Geschlecht, sexuelle Orientierung, Behinderung, Alter, Ethnizität, Religion/Weltanschauung). Die Autorin problematisiert in ihrer Studie anhand von „Rasse“/Ethnizität die mit Statistiken verbundenen kategorisierenden Verfahren und zeichnet vor dem theoretischen Hintergrund von Gouvernementalität und kritischem Weißsein damit zwingend einhergehende Ambivalenzen nach. Zum einen können Statistiken der Identifizierung und damit Thematisierung von Diskriminierung dienen, zum anderen erzeugen sie durch ihre Verfahren rassifizierende Effekte. Der in der Studie herangezogene Vergleich der statistischen Praxis im Vereinten Königreich sowie in Deutschland macht diese Ambivalenzen in ihrer Vielschichtigkeit greifbar. So zeigt die Autorin unter Rückbindung auf historische Entwicklungen, wie unterschiedlich die Kategorie „Rasse“/Ethnizität in statistischen Verfahren gefasst wird. Mit ihrer Studie liefert Linda Supik eine hervorragende Grundlage für einen kritisch-informierten Umgang mit amtlichen Statistiken – nicht nur in Bezug auf die Ungleichheitsdimension „Rasse“/Ethnizität. Sehr empfehlenswert! Roswitha Hofmann

Linda Supik: Statistik und Rassismus: Das Dilemma der Erfassung von Ethnizität. 411 Seiten, Campus Verlag, Frankfurt/M.-New York 2014EUR 41,10