„Uns bewegt der Wunsch“
Die feministische Bewegung in Argentinien hat, ausgehend von den „Ni una menos!“-Protesten, Geschichte geschrieben. Den Aktivistinnen* ist es gelungen, eine Bewegung zu konstituieren, die international, radikal, inklusiv und transversal zugleich ist; in der Lohnarbeiterinnen, Hausfrauen, indigene Aktivistinnen, Arbeiterinnen der informellen Ökonomien miteinander vereint sind im Wunsch einer radikalen Veränderung der Verhältnisse. Sie bedien(t)en sich dabei der Aktions-und Organisationsform des feministischen Streiks. Streik in feministischem Sinne kann die Konzeption von Arbeit neu bewerten/definieren, kann die Räume des Kampfes und feministischer Praxis erweitern, kann die Grenzen von Leben/Arbeit, Körper/Territorium aufweichen, kann neue Formen der Macht von unten produzieren, schreibt Verónica Gago. Streik verstanden nicht als singuläres Ereignis, sondern als politischer Prozess. Die Autorin, selbst zentrale Figur der Bewegung, schreibt diese „militante Forschungsarbeit“ mit dem Ziel, von feministischen Kämpfen ausgehend politische Analysen herzuleiten. Mittels des Streiks als „Linse“ skizziert sie konkrete Überschneidungen zwischen patriarchaler, kapitalistischer und kolonialer Gewalt und zeigt auf, was im Kampf dagegen alles möglich ist. Die etwas sperrige und akademische Sprache verhindert teilweise flüssiges Lesen. Dennoch lohnt es sich: das Buch ist bereichernder praktischer Erfahrungsbericht, tiefgründige politische Analyse und motivierendes feministisches Manifest zugleich.
Maria Hörtner
Verónica Gago: Für eine feministische Internationale. Wie wir alles verändern. Aus dem Engl. von Katja Rameil. 288 Seiten, Unrast, Münster 2021, EUR 18,50