Veränderungen sind (un-)möglich?
Sind wir in der Ordnung (Staat, Kapital, Sprache, Phallozentrismus, Religionen, Heteronormativität, Ideologien) komplett gefangen? Und sind selbst Umwälzungsversuche dieser Ordnung inhärent? Die vorliegende Lektüre nimmt den Aufsatz „Ideologie und ideologische Staatsapparate“ (1970) von Louis Althusser, einem der wichtigsten marxistischen Philosophen des 20. Jh., zum Ausgangpunkt der Frage, wie das herrschende Gesellschaftssystem sich immer wieder reproduziert. Von der psychoanalytischen Theorie Jacques Lacans beeinflusst, nimmt Althusser wider den klassischen Marxismus die psychischen Konstitutionsbedingungen des Subjekts innerhalb der Ordnung mit dem Topos der „Anrufung“ auf. Nicht das falsche oder richtige Bewusstsein, sondern der subjektive Faktor des Begehrens nach An-/Erkennung, die in der Subjektgenese immer auch eine Verkennung ist, bestimmt unseren Gehorsam vor dem Gesetz und damit die Reproduktion der Verhältnisse. Die Autorin arbeitet mit prominenten TheoretikerInnen wie Butler und Žižek die Althusser/Lacan-Perspektive der Verknüpfung von Gesellschafts-/Kapitalismuskritik mit unseren psychischen Abhängigkeiten durch. Ich halte das für eine der wesentlichen Reflexionsverbindungen zur Zeit, die uns helfen könnte, unseren Unterwerfungsmechanismen zu entkommen und so die herrschende Ordnung zu untergraben. Was leider immer fehlt, sind Übersetzungen für LeserInnen ohne theoretische Vorkenntnisse. Birge Krondorfer
Mariana Schütt: Anrufung und Unterwerfung. Althusser, Lacan, Butler und Žižek. 179 Seiten, Turia +
Kant, Wien 2015 EUR 22,00