Verbündungen in Differenz und Freiheit

Verbündungen in Differenz und Freiheit

Wie können sich (queere) Gruppierungen und Personen verbünden, ohne dass sie alle Auffassungen teilen? So ließe sich stark vereinfacht Sabine Harks Fragestellung in diesem Abdruck ihres Vortrages bei den Magnus-Hirschfeld-Tagen im November 2016 darstellen. Von Schwulen-, Lesben- und queeren Bewegungen sowie theoretisch von Wittig und Marx ausgehend verfolgt sie Möglichkeiten, wie Neues in die Welt kommt, und legt Bedingungen und Vorstrukturiertheiten von Freiheit, Subjekt und Gemeinschaft offen. In dichter und voraussetzungsvoller Sprache bezieht sie sich vielfach auf Butlers Arbeiten zu Prekarität und zeigt überzeugend die Konstituiertheit des liberalen Subjekts auf. Dieses ist mit seinen subjektiven Rechten grundlegend für Rechtssysteme und inhärent westlich, weiß, männlich, kolonisierend, kapitalistisch, besitzend und souverän. Und damit ist es einer (solidarischen) Gemeinschaftlichkeit und auch Angewiesenheit auf Andere diametral widersprechend. Die Auswirkungen liegen jedoch nicht nur in der Negation unserer Angewiesenheit, sondern v.a. auch in der Verhinderung, Gemeinsames zu erkennen oder anzurufen. Für Verbündungen unter herrschaftskritischen Bewegungen gilt es daher nicht nur, die Voraussetzungen der jeweiligen politischen, hierarchisierten Regiertheiten und die „widersprüchlich ineinander verschränkten Machtgefüge“ zu beachten, sondern auch den – gegebenenfalls neuen – Raum zu finden, in dem Differenzen anerkannt werden ohne sich dabei voneinander als losgelöst zu betrachten. Ein anstrengendes, realisierbares und aktuell höchst notwendiges Unterfangen!

meikel

Sabine Hark: Koalitionen des Überlebens. Queere Bündnispolitiken im 21. Jahrhundert. Hirschfeld Lectures Bd. 11. 64 Seiten, Wallstein, Göttingen 2017 EUR 10,20