Vom Kaputtgehen

Die Autorin Isabella Krainer glänzt in ihrem Gedichtband mit ungehemmten, treffenden Wort- und Sprachspielereien und oftmals auch zweideutigen Aussagen. Trotz der Knappheit der Texte oder gerade deswegen, ist manchmal ein mehrmaliges Lesen vonnöten, um den tieferen Sinn besser zu erfassen. Da wird aus dem Pommerland schon mal das Pommesland, und die Folgen, wenn dieses abbrennt, sind wohl für die heutige Zeit fatal. Manche Passagen sind in ihrer Düsterkeit gewöhnungsbedürftig, aber meist originell wie in „Identität“: ich in Fetzen / nur meine Papiere sind ganz. Andere Texte verwirren zunächst und sind nicht immer gleich zu entschlüsseln: Kleider / machen / Leute / Menschen / Uniformen / Uninformierte / machen / heute / Uniformierte / morgen. Wiederum andere machen betroffen, wie in dem Gedicht „Lausbubenstreich“: heute / lachen wir uns / die Jugend heil / morgen / schlagen wir / haken / ans Kreuz. Krainer legt den Finger in manch politische gesellschaftliche Wunde und auf menschliche Unebenheiten, und einige Bonmots lassen eine/n kurz den Atem anhalten. Manches wirkt düster, wenn die Autorin uns mitnimmt in menschliche Abgründe, vieles ist aber mit hintergründigem Humor versetzt. Unzimperliche Pointen treffen ins Schwarze der Menschenseele wie in „Endstation Sehnsucht“: Sohn / nahm / Ödipus // Vater / damit / überfahren. Auch Mundart- und Rückwärtsgedichte verfehlen nicht ihre Wirkung, und hinter dem „Kaputtgehen“ ist auch immer wieder die Sehnsucht nach Hoffnung spürbar.

Susanne Niebler

Isabella Krainer: Vom Kaputtgehen. 96 Seiten, Limbus Verlag, Innsbruck/Berlin 2020 EUR 15,00