Warum die Wahrheit alle etwas angeht

„Ich bin heute nicht frei, weil das System funktioniert, sondern weil ich mich des Journalismus schuldig bekannt habe,“ sagte Julian Assange im Oktober Jahr 2024. Weltweit werden immer mehr kritische Journalist:innen verfolgt und ermordet. Auch in Europa wächst der Druck: Jenen, die meinen, die Bedrohung der Pressefreiheit sei noch in sicherer Entfernung, wird das Buch von Stefania Maurizi empfohlen. Die italienische Journalistin (La Repubblica, L’Espresso) erzählt die Geschichte von WikiLeaks, Whistleblowern und von Julian Assange – in dieser aktualisierten Ausgabe bis nach seiner Freilassung 2024. 2006 startete WikiLeaks. Die Idee war revolutionär: die Chancen des Internets und der Verschlüsselung zu nutzen, um als geheim eingestufte Dokumente ans Licht zu bringen. Wer Staats- und Geheimdienstverbrechen aufdeckt, zahlt allerdings einen hohen Preis. Die Zusammenfassung in Maurizis Buch macht dies deutlich – und weswegen es für die breite Öffentlichkeit so wichtig ist zu wissen, was sich auf den höchsten Ebenen der Macht abspielt. Geschaut wird meist nur auf sichtbare Ebenen: Jene Politik etwa, die Arbeitsmarkt, Gesundheitsversorgung und Pension verhandelt. Diese wird jedoch von hintergründigen, ‚unsichtbaren’ Machtnetzwerken gesteuert: Sie bestimmen letztlich, ob Gelder zum Beispiel in die Kriegsindustrie statt in Gesundheit und Schulen investiert werden. Die profitabelsten Finanzgeschäfte werden abseits von Transparenz und Öffentlichkeit ausgedealt. Ohne dieses Wissen können Bürger:innen keine fundierten Entscheidungen treffen. Daher zählen WikiLeaks-Dokumente (u.a. afghanische Kriegstagebücher, Pentagon Papers usw.) zu den wichtigsten Aufdeckungen in der Geschichte des Journalismus. Schließlich wirft das Buch die Frage auf, inwieweit Journalismus möglich ist – heute und in Zukunft.
Nina Kreuzinger
Stefania Maurizi: Secret Power. Der Angriff auf WikiLeaks und Julian Assange. 463 Seiten, PapyRossa, Köln 2025 EUR 28,00