Verschwunden heißt nicht vergessen
Als Hanna in die Antarktis aufbricht, um Forschungen zum Klimawandel zu leiten, ahnt sie nicht, dass sie in der unberechenbaren Eiswüste ein traumatischer Moment in ihrer Vergangenheit einholt. Hanna und ihre Schulfreund_in Fido wollten gemeinsam studieren, doch Fido ging nach dem Abitur wortlos einen anderen Weg, ohne Abschied, ohne Erklärung. Nun erfährt Hanna von ihrem Tod. Die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit mit Fido holen sie in den stürmischen Nächten ein, was auch zu gefährlichen Komplikationen in ihrem Arbeits¬team führt. Von Canal erzählt vom psychisch existenziellen Erlebnis eines plötzlichen Verlusts. Die Autorin zeichnet in einem stimmigen Erzählstil nach, was in einem Menschen vorgehen kann, wenn eine enge Beziehung einseitig plötzlich beendet wird. Dabei bleibt die Art der Anziehung zwischen den Freund_innen ungeklärt und auch die Hintergründe des Verschwindens. Der Autor_in gelingt es, der Leser_in Hannas Gefühl des Verstört- und Enttäuschtseins zu vermitteln und ein Stück weit nachempfinden zu lassen. Wie Hanna kann die Leser_in über die Zusammenhänge und Beweggründe nur fantasieren. Vielleicht war es eine Laune, vielleicht auch Zwang oder Angst vor mehr? Die Ungewissheit bleibt bis zum Schluss quälend spürbar. Sehr lesenswert.
Roswitha Hofmann
Anne von Canal: White out. 186 Seiten, Mare Verlag, Hamburg 2017 EUR 20,60