Queer mehrdimensional erklärt
2016 erschien eine Graphic Novel auf Englisch, um „Queer Theory“ auch außerhalb des Akademischen zugänglich zu machen und „Menschen in ihren Alltagsleben zu nützen“. Ein ambitioniertes Unterfangen, das in der nun vorliegenden deutschen Übersetzung durchwegs gelungen ist. Inhaltlich werden zahlreiche Vorläufer_innen und Theoretiker_innen der verschiedenen Ansätze vorgestellt, durch Aktivismen von LGBTIQ* kontextualisiert und wiederholt relativiert. Die Autor_innen und Übersetzerin* wissen um die Perspektivenabhängigkeit auch ihrer eigenen Darstellungsform, verweisen auf Widersprüche, Sichtweisen und Kritiken. Das ist ebenso vielschichtig wie die vielen Begriffe und Theorien selbst, wird aber anhand der zeichnerischen Ebene wunderbar entflochten: Da treten einzelne – häufig lustige und sympathische – Figuren auf, die Positionen vertreten, „neoliberaler Konsumkapitalismus“ wird in einer plastisch aus dem Leben gegriffenen Kaufhausszene erklärt, Schwarze Feminismen und Rassismuskritik ebenso beispielhaft veranschaulicht, wie Konflikte um Sexarbeit, Intersektionalität, Sexualitäts- und Lebensformen. Medizin, Natur und daraus abgeleitete Unveränderlichkeiten und Binaritäten werden mir erstaunlicher Leichtigkeit hinterfragt, abschließend werden noch Literatur und Fragen zur Queerung des eigenen Alltags mit auf den Weg gegeben. Alles komplex und doch auch ohne Vorkenntnisse sehr verständlich aufbereitet – super!
Meike Lauggas
Meg-John Barker, Julia Scheele: Queer. Eine illustrierte Geschichte. Aus dem Engl. von Jen Theodor. 180 Seiten, Unrast, Münster 2018 EUR 17,30