Feminismus versus „Fakten“
An den negativen Assoziationen zu Feminismus sei die Lagerbildung schuld, die die „Veteranen der frühen feministischen Bestrebungen“ bewirkt haben. Unter diese „Bekämpfung von Frauen und Männern“ sei ein „Schlussstrich“ zu ziehen, auch mit „modernen Versionen des Feminismus“ sei „aufzuräumen“. Fakten sind jetzt gegen diese Themenreduzierungen, Polarisierungen, Verzettelungen, gegen Bauchgefühl und Unsachlichkeit nötig, um sich den wirklich dringenden Themen der Gleichberechtigung zu widmen – vor allem der „Gleichbezahlung“. Business School Professorin Johanna Bath arbeitet sich durch 10 Mythen, denen sie mit bekannten Zahlen begegnet, um anschließend Lösungen und Rahmenbedingungen vorzustellen. Quellen für ihre Fakten sind staatliche Statistiken und Gleichstellungsberichte, Sachbücher, 3 Interviews und großteils Artikellinks von (deutschen) Medien. Im Vorwort formuliert Bath ein Statement gegen Gewalt – im Rest des Buches bleiben geschlechtsspezifische Gewaltverhältnisse allerdings ausgeblendeter Hintergrund für den gesellschaftlichen Status.
Es ist überzeugend, dass es der Autorin an einer gleichberechtigten Gesellschaft liegt – und entsprechend unverständlich, warum sie sämtliche wissenschaftlich solide Literatur und Theoriearbeit ignoriert, die differenzierte, komplexe Antworten auf diese Realitäten aufgearbeitet hat und weiter nach den Hintergründen dafür sucht, ohne – wie die Autorin – bei der statistischen Phänomenbeschreibung stehen zu bleiben. Ihre somit präpotent daherkommende Abgrenzung vom „bisherigen“ Feminismus beruht offensichtlich eben nicht auf Fakten.
Meike Lauggas
Johanna Bath: Der Girlboss Mythos. Die gesellschaftlichen und ökonomischen Perspektiven der Gender-Debatte. 188 Seiten, Springer, Berlin 2019 EUR 20,46