Erquickende Absurditäten
Gotthold Immerjahn, 50 Jahre alt, Millionenerbe, Kunstsammler und in der Mid-Life-Crises. Seine Vision, eine ökonomische Theorie – einen wirklich großen Wurf – zu verfassen, steckt fest, die Lektüre von Marx geht nur mühsam voran, die abendlichen Spontanideen stellen sich bei Tageslicht betrachtet als wirrer Blödsinn heraus. Seine kaufsüchtige Frau Katka und er entscheiden sich zu einem radikalen Schritt, um aus der Trägheit und Fadesse herauszukommen: sie wollen das Haus zu einem öffentlichen Museum machen – das gesamte Mies van der Rohe-Haus, die Säle, die Kunstsammlung, aber auch das Speisezimmer, die Speisekammer und die Küche – lediglich die Schlafzimmer sollen privat bleiben. „Immerjahn“ ist der Debütroman der österreichischen Autorin Barbara Zeman, die bisher einige Kurzgeschichten veröffentlicht hat. Die Erzählung ist unheimlich dicht, voller Hinweise auf Kunst und Kunstgeschichtliches, formuliert in Schachtelsätzen, in denen sich die Inhalte dicht aneinander drängen. Es braucht etwas Vertrauen und phasenweise auch Ausdauer, um sich von der Autorin durch die geballte Anhäufung von Skurrilitäten führen zu lassen – die Ironie und erquickende Absurditäten schaffen es aber, sehr angenehm nachzuklingen.
Karo Rumpfhuber
Barbara Zeman: Immerjahn. 282 Seiten, Hoffmann und Campe, Hamburg 2019 EUR 22,70