Anleitung zum Anecken
Fast jede kennt das: Ein Familienessen, bei dem ein sexistischer Witz gemacht wird und eine mit am Tisch sitzt, die nicht darüber hinweglächelt, sondern kritisiert, das Problem anspricht und damit die ‚Stimmung’ verdirbt: Darin zeigt sich das Wesen der „feministischen Spielverderberin“, die Sara Ahmed ins Zentrum ihres aktuellen Handbuchs stellt. „Nicht zu lächeln, keine Dankbarkeit zu zeigen, die Institution nicht zu bejubeln, kein Cheerleader für sie zu sein, ist genug, um zur Spaßverderber:in zu werden“, schreibt Ahmed und „[w]enn du zeigst, dass ein Raum nicht zugänglich ist, dann wirst du nicht nur als Spaßverderber:in angesehen, sondern auch, als ob du möglicherweise anderen verweigerst, ihren Raum zu wählen“. Die Figur der vermeintlich moralinsauren Spaßverderberin hat ihre Wurzeln nämlich in jenem antifeministischen Stereotyp, das behauptet, Feministinnen seien unglücklich und gönnten anderen Menschen ihr ‚Glück’ nicht. Ahmed wertet die Figur dieser Spielverderberin deshalb auf und um, indem sie aus ihr eine aktive, allzeit bereite Kämpferin gegen Sexismus, Rassismus und das Patriarchat macht, die Normen und Machtverhältnisse zuverlässig und ausdauernd in Frage stellt. Sie ermuntert dazu, die Strukturen herauszufordern und Probleme aufzuzeigen, auch um den Preis, selbst als Problemverursacherin gesehen zu werden. Neben scharfsinniger Theorie enthält Ahmeds Buch auch zahlreiche kluge Ideen zur praktischen Umsetzung eines intersektionalen Feminismus auf verschiedensten Ebenen. Die Autorin gibt zudem Leitsätze und Überlebenstipps, Lektüreempfehlungen und Anleitungen dafür, wie sich Unbequem-Sein lohnen kann.
Ute Fuith
Sara Ahmed: Feminist Killjoy. Das Handbuch für die feministische Spaßverderber:in. Aus dem Engl. von Nora Langenfurth. 252 Seiten, Unrast, Münster 2024 EUR 23,50