À pieds, on fait figure de résistant!

Noa ist noch jung, macht eine Ausbildung als Restaurateurin und lebt in einer deutschen Großstadt. Sie ist von immer wiederkehrenden Angstattacken geplagt, die vor allem im öffentlichen Raum stattfinden, häufig in öffentlichen Verkehrsmitteln. Noa ist diesen Angstattacken zumeist hilflos ausgeliefert, sie ist gezwungen, die U-Bahn zu verlassen und der Heimweg von der Arbeit wird so unendlich lang. Sie beschließt, sich eine Auszeit als ehrenamtliche Helferin auf einem Hof in Südfrankreich zu nehmen. Auf dem Hof leben Ella und Gregor mit ihrer 10-jährigen Tochter Jade. Das Leben der Familie ist hart und von Arbeit geprägt. Ständig gibt es irgendetwas zu tun. Salat gießen, Schafe hüten, Gurken hochbinden… Die Klimakatastrophe raubt der Familie und allen Produzent*­innen in der Umgebung schleichend, aber unübersehbar, die Existenzgrundlage, trotz allem tut Noa die reizreduzierte Lebensweise auf dem Hof gut. Sie versteht sich mit der Zeit immer besser mit den einzelnen Familienmitgliedern. Sie ist die Helferin, die am längsten geblieben ist und wird am Ende großzügig dafür belohnt.
Miriam Wittig legt einen wunderschönen Debutroman vor. Die Sprache ist sehr poetisch, aber nicht verschnörkelt und überladen, dazwischen sind kluge Gedanken. Sexuelle Orientierung und Gender­identität der Hauptfigur sind angedeutet, was sehr gelungen ist. Positiv aufgefallen ist darüber hinaus eine autoerotische Szene bei einer Bergwanderung – gibt es so etwas sonst noch in der Literatur? Eine neue vielversprechende Autorin. Unbedingt lesen!
Beate Foltin
Mirjam Wittig: An der Grasnarbe. 189 Seiten, Suhrkamp, Berlin 2022 EUR 23,70