Abrechnung mit dem Mythos Kalifornien
Kalifornien
zwischen den Jahren 1766 und 2001: Ersteres das Geburtsjahr der
Ur-ur-ur-ur-ur Großmutter Elisabeth Scott, einer der ersten
SiedlerInnen Kaliforniens, zweiteres das Sterbejahr der Mutter
(Eduene Jerrett Didion) der Autorin. In diesem Zeitrahmen zeigt Joan
Didion die Entwicklung Kaliforniens und fügt sanft ihre eigene
Familiengeschichte ein, wobei sie auch prominente PhilosophInnen und
AutorInnen zitiert. Der Einstieg ins Buch ist ob der Vielfalt an
Daten, Fakten, Namen und geografischen Plätzen nicht sehr leicht.
Doch bald entsteht eine gewisse Neugier und auch der Drang nach
Recherche, um die vielen Einzelheiten besser verstehen zu können.
Die Schriftstellerin ist mit ihrem „Ich“ präsent, das beobachtet
und beschreibt. Erst gegen Ende erfährt die Leserin mehr über deren
Eltern, bereit zu jedem Risiko, um sich finanziell über Wasser
halten zu können. In diesem facettenreichen Buch rückt Didion
selbst ihre eigenen Irrtümer und Missverständnisse ins Zentrum, und
denkt gleichzeitig „ …über die Wirrnisse und Widersprüche im
Leben Kaliforniens nach…“ , von denen ihre Mutter viele
verkörperte. Das heutige Kalifornien hat nichts mehr mit dem
familiär überlieferten Bild der Autorin von Pionieren und autarken
Männern und Frauen zu tun. Es verdankt seinen Erfolg den
Subventionen des Staates. Die sozialkritische Arbeit von Joan Didion
ist empfehlenswert.
Dorothea
Schaffernicht
Joan Didion: Woher ich kam. Aus dem amerik. Engl.
von Antje Ravik Strubel. 268 Seiten,
Ullstein, Berlin 2019 EUR
20,60