Attentate

Der dystopische Roman von Juli Zeh spielt im Jahr 2025 in Deutschland und ist gleichzeitig erschreckend nah an heutigen Verhältnissen: Leicht erkenntlich haben wir es darin mit der AfD und dem sogenannten IS zu tun, Merkel hat abgedankt und Trump regiert die USA noch immer. Hauptprotagonistin Britta lebt mit Ehemann und kleiner Tochter in einem luxuriösen „Betonwürfel“, Sushis werden mit klebrigen Fingern selbst gemacht, Kinder vor den Fernseher gesetzt, guter Wein mit Freund_innen getrunken – was sollte Weltverbesserung schon bringen. Womit Britta an suizidären Menschen so gut verdient, erschließt sich erst sukzessive und ist als Geschäftsmodell genauso clever wie grauenhaft.Sie betreibt dies erfolgreich mit ihrem schwulen Geschäftspartner und IT-Experten Babak, als einzelne Ereignisse wie auch die erste weibliche Kundin das eingespielte Team und Brittas ganzes Familiensystem aus dem Lot bringen. Das Buch ist fesselnd geschrieben, die Geschichte steuert voller Wendungen auf ein Ende zu, das fiebrig ersehnt und gefürchtet wird. Zeh besticht vor allem mit den Beschreibungen von kleinen Details und Vorkommnissen des Alltags, dem Arm des Vaters, der beim Anschubsen der Schaukel fast ausleiert, den unendlichen Debatten der Linken über den inneren Feind, der Tristesse des sauberen Kleingartenheims. Thrillerhaft verhandelt werden dabei nichts weniger als die Grundfesten von Demokratie in Zeiten von Rechtspopulismus und Terrorismus. Eine Empfehlung!
Meike Lauggas
Juli Zeh: Leere Herzen. 348 Seiten, Luchterhand, München 2017 EUR 20,60