Austritt aus der Muttersprache

Chaya – das ist die Geschichte einer sprachaffinen jungen Iranerin mit jüdischem Hintergrund, die im zarten Alter von 14 Jahren aufgrund der Zustände in ihrem Heimatland nach dem Sturz des Schahs von ihren Eltern zu Verwandten in die Schweiz geschickt wird, damit sie es besser hat. Zurück bleiben Vater, Mutter und ihre zwei jüngeren Schwestern. Chaya, das ist auch die Geschichte einer Entfremdung von der eigenen Familie, der eigenen Kultur, der Muttersprache, die immer weiter in den Hintergrund rückt wegen des verzwei‑felten Versuchs, der deutschen Sprache in kurzer Zeit mächtig zu werden, sich zu integrieren, sich zu assimilieren, eine Karriere als Schriftstellerin zu starten, so wie es auch im Iran geplant war, dort allerdings in persischer Sprache. Somit tritt sie beispielsweise in die Fußstapfen Rafik Schamis oder Elias Canettis, die auch beide auf Deutsch schreiben/schrieben, obwohl es sich nicht um ihre Muttersprache handelte. Es ist auch die Geschichte eines großen Konflikts mit der in der Heimat verweilenden Mutter, die die Lebensumstände und -verhältnisse ihrer Tochter nicht verstehen kann. Kerstin Tomenendal

Kathy Zarnegin: Chaya. 244 Seiten, weissbooks.w, Frankfurt/M. 2017 EUR 20,60