Dialog bei Transgeschlechtlichkeit

Die Autorin ist Psychoanalytikerin, Leiterin einer psychotherapeutischen Beratungs- und Forschungseinrichtung und Professorin für psychologische Therapien. Anhand von aktuellen Forschungsergebnissen, psychoanalytisch orientierten Theorien und ihrer langjährigen Arbeit als psychoanalytisch orientierte Therapeutin mit transidenten Menschen reflektiert Alessandra Lemma die schwierige Balance zwischen therapeutischer Hilfe für Menschen bei der Bewältigung ihrer Identitätssuche und dem Erkennen von anderen Hintergründen für individuell empfundene Geschlechtsdysphorie. Ein besonderes Anliegen ist ihr dabei der sorgsam kritische Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die eine Transition anstreben. Im theoretischen Teil ist eine große Vorsicht im Umgang mit dem Thema spürbar, das einerseits durch die Emanzipationsbestrebungen der identifizierten Communities und andererseits durch politische Instrumentalisierungen emotional aufgeladen und umkämpft ist. Sie plädiert für äquidistante Neugier und Dialog, ohne die es aus ihrer Sicht keine echte Auseinandersetzung an der Schnittstelle zwischen soziokulturellen Prozessen und individueller Psychodynamik geben kann. Die sehr spannenden Fallgeschichten verdeutlichen ihre Haltung und zeigen ein differenziertes Bild ihrer therapeutischen Arbeit. Einigermaßen irritierend ist die durchgehend männliche Sprache. Ich frage mich – liegt es an den Übersetzenden? Bei so viel Bemühen um Differenziertheit und Sorgsamkeit darf geschlechtergerechte oder geschlechterneutrale Sprache nicht ‚ignoriert’ werden.
Katja Russo
Alessandra Lemma: Transgender-Identitäten. Eine Einführung. Aus dem Engl. von Eberhard Knoll und Daria Bendel. 182 Seiten, Brandes & Apsel, Frankfurt/M. 2024 EUR 26,50