Ein Kammerspiel der sozialen Ungleichheit

Die chilenische Autorin Alia Trabucco Zerán nimmt uns mit in die Welt von Estela, einem Dienstmädchen in der chilenischen Hauptstadt Santiago. Auf eindrückliche Weise erfahren wir von den markanten Klassenunterschieden, die in keinem Moment ihres Arbeitsalltags zu übersehen sind. Die Erzählung gestaltet sich als Anhörung über die Umstände, unter denen es zum Geheimnis umwobenen Tod eines Mädchens, der Tochter der Hausherrin, kommen konnte. Wie ein Kammerspiel spitzt sich das Geschehen zwischen den vier Beteiligten zu, mit dramatischem Ausgang. Fragmentarisch erhalten wir Einblick in verstörende, liebevolle und schockierende Momente in Estelas Erleben. Die Spannung bleibt bis zum Ende erhalten, das im Kontrast zum bedächtigen Erzählen fast etwas plötzlich erscheint. Der Roman fasziniert, indem er eine große Nähe und Sympathie zu Estela schafft und die sich durch das Geschehen ziehenden Ungerechtigkeiten bildhaft macht.

Jaroscha Pia Steinhauer

Alia Trabucco Zerán: Mein Name ist Estela. Aus dem chil. Span. von Benjamin Loy. 240 Seiten, Hanser, München 2024 EUR 24,70