Ein Krimi aus Indien

Als ich sechs war, verkaufte mich mein Vater für tausend Rupien an einen Mann. Das war mein Preis für eine Saison.“ In „Gewaltkette“ ermittelt Anita Nairs Inspektor Gowda in Bangalore, der drittgrößten Stadt Indiens mit zehn Millionen Einwohner_innen. Das Thema des Kriminalromans ist die Versklavung von Kindern als Haushaltssklav_innen, Prostituierte oder Bettler_innen. Zwei Jahre lang recherchierte Anita Nair für ihr Buch, arbeitete bei der Hilfsorganisation BOSCO, die sich um verschleppte und missbrauchte Kinder kümmert. Die dort gemachten Erfahrungen sind in den Roman eingeflossen. Und sie zeigt an ihren Figuren auf, wie sich die Gewaltkette fortsetzt: Krishna wurde als Kind verkauft, konnte fliehen und gehört nun zu jenen, die selbst Kinder entführen. Die Tochter des Hausmädchens von Inspektor Gowda wird entführt und der Inspektor setzt alles daran, das Mädchen zu finden. Er vertraut nur ganz wenigen Kolleg_innen, da er weiß, dass viele Polizist_innen korrupt sind und zum Teil mit den Kriminellen gemein­same Sache machen.

Es ist für die Leserin nicht immer ganz einfach, die vielen Ebenen der Handlung und die vielen Personen auf ihren verschlungenen Wegen im Auge zu behalten. Die Leserin muss auch einiges aushalten. Die Beschreibungen der Gewalt sind nie besonders detailliert, aber dennoch ist spürbar, was diesen Kindern Unvorstellbares angetan wird.

Maria Schernthaner

Anita Nair: Gewaltkette. Aus dem Engl. von Karen Witthun. 352 Seiten, ariadne Reihe im Argument Verlag, Hamburg 2017 EUR 19,60