Ein Leben als Frau
Die Historikerin Sabine Weigand schreibt in dieser Erzählung gemeinsam mit der heute 85-jährigen Helga F. deren Leben autobiografisch nieder. Helga aus Nürnberg war 1936 bei ihrer Geburt als Mann klassifiziert worden, was aber bereits als Kind nicht für sie passte. Das Buch mit dem Foto von Helga im Jahr 1969 auf dem Einband lässt sich überhaupt nicht wieder weglegen. Helga erzählt unglaublich spannend und schonungslos ihre Geschichte, beginnend mit ihrer schweren Kindheit, den Entbehrungen der Kriegs- und Nachkriegsjahre, ihr hartes Leben als Industriearbeiter, und ihren Aufstieg in die Mittelklasse. Über den Text ist Helgas Stimme so klar zu hören, als säße die Leserin mit ihr am Kaffeetisch; Alltagsgeschehnisse aus diesen Jahrzehnten werden so lebendig, als säßen wir in einer Zeitmaschine. So beschreibt Helga, wie sie eine der ersten weitgehend unbekannt gebliebenen Trans*frauen Deutschlands wurde und wie sie ohne jegliche Community-Anbindung, ohne Internet, ohne (finanzielle oder andere Unterstützung der) Eltern, nur mit Pflichtschulabschluss und als verheirateter Mann mit zwei Kindern als Frau zu leben begann. Sie beschreibt, wie ihr Umfeld reagiert hat und was damals eine Operation in Casablanca bedeutete, und vor allem wie sie sich all die Jahre ihrer Selbstwerdung über fühlte. Helga kommt als faszinierende, unglaublich starke Frau rüber, die es geschafft hat, trotz aller Widrigkeiten immer wieder gute FreundInnen zu finden sowie Familie, PartnerInnenschaft und Glück. Eine mutige Frau, die ich gerne persönlich kennenlernen würde! Karin Schönpflug
Helga F. mit Sabine Weigand: Helga: Als es noch keine Worte dafür gab – Mein Weg vom Mann zur Frau. 282 Seiten, Krüger-Verlag, Berlin 2016EUR 19,60