Eisige Seelenlandschaften

Düstere und bedrückende Atmosphären bilden häufig das Hintergrundrauschen in skandinavischen Thrillern. So auch hier. Selbst wenn Szenen an vermeintlich fröhlichen Orten wie dem Strand stattfinden, wo das ein oder andere Bier den Nachmittag begleitet und die kleine Tochter spielt, schwebt immer ein graues Unbehagen mit. Das Buch verhandelt eine komplizierte Dreierbeziehung jeweils aus der Ich-Perspektive der Beteiligten. Mit gnadenloser ungeschönter Härte zeichnen sich die inneren und äußeren Züge der Figuren ab. Keine von ihnen erweckt Sympathien, keiner kommt man nahe. Die Texte offenbaren Gedanken und Selbstgespräche, Kämpfe mit Rollen- und Familienvorstellungen, häufig aber auch völlig banale Details. Der Text entwickelt ein Gesellschaftsbild, das man lieber nicht so genau ansehen möchte. Die Verstrickungen der ProtagonistInnen, die als KlimaforscherInnen in Norwegen arbeiten, sind geprägt von Begehren, unerfüllten bzw. verschobenen Kinderwünschen und Machtmissbrauch. Jene Leserinnen, die sich gerne mit seelischen Verletzungen, Rache- und Gewaltfantasien beschäftigen, oder die gerne mitverfolgen, wer heimlich was mit wem gemacht hat, vermag dieses Buch wahrscheinlich zu fesseln.

Susa

Ingebjørg Berg Holm: Wütende Bärin. Aus dem Norweg. von Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann. 360 Seiten, KJM Buchverlag, Hamburg 2022 EUR 22,70