Erschreckend schön (?)
Fragmente einer Kindheit, eines Aufwachsens in der DDR der 1960er Jahre, das Portrait eines Dorflebens im Sozialismus und die Nachwehen der Nachkriegszeit sind mitunter die zentralen Motive in Anke Feuchtenbergers Graphic Novel. Vor allem die Freundschaft zwischen Kerstin und Effi, von der Kindheit bis zur Jugend, die zwischen Zu- und Abneigung pendelt, ist Thema. Platz finden aber auch vor allem Kerstins Großmutter, ihr Bruder und Effis Mutter. Realistische Erzählungen und Traumbilder wechseln sich ab, vermischen sich und ändern sich ebenso schnell wie auch der wunderschöne und kraftvolle Zeichenstil von Feuchtenberger. Dieser ist einmal fotorealistisch und dann beinahe surrealistisch und absurd, wie die Erzählung selbst. Immer wieder tauchen Tiere auf, mal als sprechende Fabelwesen, Traumgestalten, Mischwesen oder sie verkörpern die Hauptcharaktere. Doch auch Gewalt durchzieht den Dorfalltag und scheint allgegenwärtig zu sein, ebenso sind Andeutungen von sexuellem Missbrauch zu finden, bspw. durch russische Besatzungssoldaten oder durch Effis Vater. Feuchtenberger erschafft durchdringende und intensive Bildwelten von schauriger Schönheit. Absolut lesens- und sehenswert!
Andrea Knabl
Anke Feuchtenberger: Genossin Kuckuck. 448 Seiten, Reprodukt, Berlin 2023 EUR 45,30