Feministische Architekturtheorie
Ein Werk an der Schnittstelle zwischen Gender Studies und Architektur hat die Schweizer Architektin und Journalistin Inge Beckel vorgelegt. Sie untersucht Diskurse des sogenannten Neuen Bauens, um die Konstruktion des Normalen Nutzers (sic!) als männlich und weiß nachzuverfolgen. Damit rührt sie an zentrale Paradigmen, die die moderne Architektur und den modernen Städtebau prägen. Das Buch, dessen ambitionierte Gestaltung das Architektinnenherz erfreut, entstand in Weiterbearbeitung einer Dissertation, die 2010 an der ETH angenommen wurde. Gegliedert ist Beckels Analyse in einem Dreischritt in die Prozesse des Fragmentierens, Dichotomisierens und Normalisierens. Das erscheint plausibel. Doch erweist sich die Argumentation als sprunghaft und streckenweise schwer nachvollziehbar. Und hier liegt in meinen Augen das große Manko des Buchs: Für ihre Dissertation hat Beckel eine umfangreiche Analyse Schweizerischer Bauzeitschriften unternommen. Leider hat sie dieses von ihr umfassend erschlossene Quellenmaterial nur in Auszügen in das nun erschienene Buch einfließen lassen. Das ist schade, denn ihre Argumentation leidet unter dieser Verschlankung. Es mag sein, dass so Leserinnen angesprochen werden, die einen zu langen und zitatgesättigten Text als abschreckend empfunden hätten. Als Architekturhistorikerin greife ich aber letztendlich lieber zu der umfangreicheren Dissertation selbst… ? Sonja Hnilica
Inge Beckel: ausgegrenzt und abgewertet. Standard versus Differenz in Architektur und Städtebau der Moderne. 168 Seiten, eFeF- Verlag, Wettingen 2018 EUR 27,00