Fortpflanzung feministisch gedacht

Die gegenwärtige Entwicklung neuer Reproduktionstechnolo­gien erfolgt in einer Geschwindigkeit, mit der die einhergehenden rechtlichen und ethischen Fragestellungen oft nicht mithalten können. Für viele Praktiken fehlen sowohl präzise Begrifflichkeiten als auch emanzipatorische politische Standpunkte. Antje Schrupp nähert sich in diesem schmalen Bändchen den heiklen Fragen der Fortpflanzung im 21. Jahrhundert an. Ausgehend von einem historisch/theoretischen Abriss, in dem sie die Anfänge des Patriarchats erörtert, beschreibt die Autorin in neun Kapiteln sehr analytisch und niemals moralisierend den aktuellen Stand der menschlichen Reproduktion. Wer kann und darf unter welchen Umständen schwanger werden? Welche Beziehungsszenarien zwischen Gebärenden und Neugeborenen sind denkbar? Zwischen In-Vitro-Fertilisation, umkämpftem Recht auf Abtreibung, Elternschaftsmodellen abseits der heterosexuellen Zweierbeziehung, bezahlter sogenannter ‚Leihmutterschaften‘ bzw. ‚Host-Bodies‘ und ‚Designer-Babys‘ tun sich unzählige Konfliktfelder auf, die differenzierte, ethisch und feministisch vertretbare Lösungen fordern. Antje Schrupp ist es gelungen, eine äußerst informative sowie gut verständliche Einführung in eine komplexe Thematik vorzulegen, die dazu einlädt, Reproduktion in neuen Kategorien zu denken.
ReSt
Antje Schrupp: Reproduktive Freiheit. Eine feministische Ethik der Fortpflanzung. 88 Seiten, Unrast, Münster 2022 EUR 7,80