Liebe in Zeiten des Patriarchats

Mit ihrem auf Englisch bereits 2004 erschienenen Buch „Männer, Männlichkeit und die Liebe“ behandelt bell hooks den Zusammenhang von patriarchaler Sozialisation und den Beziehungen von Männern zu anderen und sich selbst. Teils autobiografisch geschrieben analysiert sie den Charakter einer patriarchalen Dominanzkultur und deren Auswirkungen auf unsere Fähigkeit zu lieben und Emotionen auszudrücken. Dabei blickt sie auf verschiedene Bereiche des Lebens – vom Aufwachsen in der (patriarchalen) Kernfamilie, über Sexualität, Gewalt, Massenmedien bis hin zu Kriegspropaganda. bell hooks beschreibt das Patriarchat als das in unserer Gesellschaft am meisten verankerte Herrschaftssystem, das trotz seiner gewalttätigen Konsequenzen auf alle Menschen immer noch eine enorme kollektive Zustimmung bekommt. Mit ‚Kultur des Schweigens‘ benennt sie diese stille Zustimmung und die Angst davor, die Wahrheit über patriarchale Männlichkeit und deren Auswirkungen auszusprechen. Nicht zu überlesen ist der Appell danach, Lösungen und Alternativen für patriarchale Männlichkeiten zu suchen, eine Kultur zu schaffen, in der Jungen zur Liebe befähigt sein dürfen und Männer ihre Angst vor Veränderung überwinden können, um lieben zu lernen. Das Buch geht nicht nur aufgrund der teils schmerzhaften Einblicke in bell hooks eigene Biografie emotional nahe. Gewisse Aspekte, wie etwa queere Perspektiven, finden leider wenig Platz. Dennoch gibt bell hooks mit diesem Buch einem bisher oft zu wenig beleuchteten Thema eine Bühne.
Tabea Strobl
bell hooks: Männer, Männlichkeit und die Liebe. Der Wille zur Veränderung. Aus dem amerik. Engl. von Daphne Nechyba. 199 Seiten, Elisabeth Sandman, München 2022 EUR 20,95