Fotografische Korrespondenzen
Auf der linken Seite macht ein Gartenschlauch eine Kehre auf hell geflecktem Beton; auf der rechten Seite ist es die schneebedeckte Krempe eines Huts auf dem Kopf eines Menschen vor gepunktetem Hintergrund – dunkler Himmel mit Schneeflocken – die das grafische Zentrum der Fotografie ausmacht. Der Mantelrand mit Hahnentrittmuster über karierter Hose und punktförmig perforiertem Abluftgitter steht den verschiedenen Ebenen eines Hochhauses gegenüber, dessen Glasfassade durch Metallstreben unterbrochen und kleinteilig gewürfelt wird. In Nina Welch-Kling Duologues hat die Fotografin aus ihrem schier unendlichen Fundus an Street Photography je zwei Bilder zusammengestellt, die in formalen Details korrespondieren – oder kommunizieren, denn Duologues sind Theaterstücke oder Sprechperformances für zwei Personen. Welch-Kling lässt den Schatten eines Katzenschwanzes mit den Schnüren einer Handtasche ‚sprechen‘, ein fallengelassener, runder, roter Lutscher grüßt das Rot der deutschen Nationalflagge in Kleinformat, die aus einer Dirndeljacke ragt. Architektur und Kleidung, eine gelbe Wand und eine gelbe DHL-Kiste kommen so zusammen. Es sind alles Duos, die Welch-Kling nicht absichtsvoll fotografiert hat, sondern die sich ihr beim Durchforsten ihrer Arbeiten aufgedrängt haben. So ist der Band der Versuch einer Ordnung, ein Memory der gleichen und doch ungleichen Paare, und ein gewitzter Einblick in das Schaffen der renommierten New Yorker Fotografin.
Lisa Bolyos
Nina Welch-Kling: Duologues. 96 Seiten, 86 Abbildungen, Kehrer, Heidelberg 2022 EUR 39,90