Frostiges Leben!

Die 2016 verstorbene afroamerikanische Autorin Gloria Naylor schrieb Linden Hills bereits 1985, nun wurde der Roman in die deutsche Sprache übersetzt. Im Wesentlichen stehen drei Schwarze Frauen und ihr Auf- und Abstieg in der Klassengesellschaft im Mittelpunkt. Innerhalb von sechs Tagen spielt sich die Handlung ab. Feinziseliert werden die unterschiedlichen Chraktere über innere Monologe dargestellt. Begleitet wird die Geschichte von zwei 20jährigen Gelegenheitsarbeitern, von Willie und Lester, die den roten Faden zwischen den Frauen spannen, indem sie Beobachtungen bei ihrer prekären Arbeit sammeln und selbst auf der Suche nach einer lebenswerten Zukunft sind. Ruth, Laurel Dumont und Linda Priscilla Nedeed sind Frauen, die auf ihre Art versuchen, den Aufstieg in die Mittelschicht mit vielerlei Lebenslügen und emotionalen Entbehrungungen zu schaffen. Genau darin liegt jedoch ihr schicksalhafter Untergang. Nur Ruth schafft es, nach einer Scheidung ‚back to the roots’ zu finden. Sie lebt mit einem psychisch instabilen Mann zwar wieder in ärmlichen Verhältnissen, bleibt aber zumindest psychisch gesund und sozial attraktiv. Die beiden anderen hingegen scheitern an ihren Idealen und sehen keinerlei Ausweg aus ihrer zum Teil selbstverschuldeten Misere. Die von Naylor beschriebenen Szenen eignen sich gut für eine melodramatische Verfilmung. In einer wunderbar detaillierten Weise beschreibt die Autorin die Umgebung von Linden Hills und die schwierigen Lebensverhältnisse. Der wirtschaftliche Aufstieg bringt oft nicht die sehnsüchtig erwartete Zufriedenheit. Spannend und erkenntnisreich!

ML

Gloria Naylor: Linden Hills. Aus dem amerik. Engl. von Angelika Kaps. 400 Seiten, Unions Verlag, Zürich 2022 EUR 27,50