Gedanken wie Tanzbären

Simone Schönett zerlegt in ihren Erzählungen die Beziehungen ihrer Figuren und ihr Verhältnis zu der Welt, in der sie leben. Bitter-bös vergnüglich werden in den Geschichten zugleich die Tiefen menschlicher Abgründe entlarvt und mitunter zerplatzen Lebenslügen wie Seifenblasen. So erleben wir den aufkeimenden Abstand zwischen Eva und Britt auf ihrer späten Reise zu einem Konzert nach Triest. Sie sind Jugendfreundinnen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Schriftstellerin Jana wiederum schält die mündlichen Überlieferungen und erzählte Historie ihrer jenischen Vorfahren samt Mücken und Elefanten aus dem Vergessen, dem sie anheim zu fallen drohen. Als Fabiola sich als militante Feldmarschallin gebärdet, stellt sie mit ihren Wutanfällen die Freundschaft und Loyalität ihrer Freundin Betty auf den Prüfstand. Alwine wiederum geht ihrer dummdreisten Tochter Maria, die mit Fußfesseln in ihre Wohnung einzieht, mit ihrem anspruchsvollen Verhalten gehörig auf die Nerven. Als letzten Ausweg zieht sie mitten im Winter in ihren Wohnwagen am See. Eine erquickliche Lektüre, die nicht zuletzt aufgrund der differenziert feinfühligen und zugleich fulminanten Sprachkraft ein Genuss ist!

Diane Branellec

Simone Schönett: Sobald ich ich sage, ist mir nicht mehr zu trauen. 168 Seiten, Edition Atelier, Wien 2022 EUR 22,00