Ghost-Writing für Kühe

Was das Empfinden und Erleben von Welt betrifft, da ist sich die Ökobäuerin Rosamund Young sicher, gibt es vieles, das Menschen und Kühe verbindet. Das Buch zeigt klare Parallelen zwischen einigen wichtigen Verhaltensweisen. So beobachtet sie die Kühe beim Spielen, entdeckt, dass es auch bei ihnen persönliche Befindlichkeiten wie Beleidigtsein oder Verärgerung gibt. Natürlich auch Freundinnenschaften und Mutterliebe. Durch ihre genauen Beobachtungen der persönlichen Eigenheiten führt sie vor, dass jede Kuh einen anderen Charakter hat. Auch Hühner, Schafe und Schweine kommen im Buch vor und zeigen durchaus Individualität. Die Bäuerin betreibt seit 1980 in den britischen Cotswolds eine Farm, auf der Rinder und Lämmer ausschließlich mit Gras ernährt werden und ihnen viel Auslauf gewährt wird. Sie legt großen Wert auf das Wohlbefinden der Tiere, ihre Bewegungsmöglichkeiten und Gelegenheiten, sich natürlich verhalten zu können. Dennoch sieht sie, trotz ihres hohen Maßes an Empathie, die Tiere im entscheidenden Moment als Material und Mittel zum Zweck und lässt sie durch Hofschlachtung zu Fleisch verarbeiten. Diese Bereitschaft mutet gerade als Konsequenz zum vorher Geschriebenen brutal an, wiewohl den Abertausenden von Tieren in der Agroindustrie zumindest ein solches Leben vor dem Tod zu wünschen wäre.

Susa

Rosamund Young: Das geheime Leben der Kühe. Aus dem Engl. von Werner Löcher-Lawrence. 176 Seiten, btb, München 2018 EUR 15,50