Honig wie Wein verkosten
Selbst beobachten, um die Welt und ihre Zusammenhänge zu verstehen – das lernt Meredith May als Kind, und so beginnt sie schon früh, Vorurteilen zu misstrauen. Im kalifornischen Big Sur begleitet sie ihren Großvater in die faszinierende Welt der Imkerei. Sie erfährt, wie viel Sinn und Organisation hinter den Verhaltensweisen dieser kleinen Insekten stecken, fängt an, natürliche Lebenskreisläufe zu verstehen. Sie ist begeistert, eine Welt, die für sie neu ist, an der Seite des Großvaters zu erkunden. Seine Zuwendung hilft dem Mädchen nach der dramatischen Trennung ihrer Eltern, Vertrauen zurückzugewinnen. Sie erkennt und bewundert die sorgfältigen Abläufe der Natur, die sich auflösen wie ein feines Gewebe, wenn man Fäden herauszieht. „Glaubst du, dass eine Biene nur Honig macht?“ fragt der Großvater. Mit der Nahrung sähe es insgesamt schlecht aus, eine Welt ohne Bienen wäre farb- und blütenlos. Außerdem würden bald alle verhungern. In ihrem Memoir zeichnet die Autorin in leicht lesbarem Stil ein vielseitiges Bild, in das sie Menschen- und Bienenpsychologie einwebt, Epilog und Literaturvorschläge inklusive.
Susa
Meredith May: Der Honigbus. Aus dem Engl. von Annette Grube. 320 Seiten, S. Fischer, Frankfurt/M. 2019, EUR 22,70