„Ineinander dichten“

Die Lyrikerin und Übersetzerin Daniela Kocmut hat ihren zweiten Gedichtband vorgelegt. Er ist wie eine Erforschung der Sprache selbst und des Materials, aus dem die Worte sind. Durch das Hin- und Rückübersetzen von Zeilen und Zeilenteilen ins Deutsche und Slowenische malt sie mithilfe der Zweisprachigkeit den Bereich zwischen Zeichen und Bedeutung aus und lässt ihn durch das Zusammenspiel der zwei Sprachen stets neue Form annehmen. Kocmut demonstriert damit nicht zuletzt die Verwobenheit ihrer eigenen zwei Sprachen, die nicht mehr ohne einander auskommen können. Wie das Gedicht MEINE ZWEI ZUNGEN vorschlägt, geht es dabei aber nicht nur um die Verbindung von Worten, sondern von Menschen, und damit scheint die Zweisprachigkeit bei Daniela Kocmut immer auch eine Metapher für zwischenmenschliche Beziehung und soziale Begegnung an sich zu sein. Wenn sie also nichts anderes zu geben hat als ihre Sprache (WAS ICH DIR MITGEBE), ist das nicht nur das Bieten einer weiteren Möglichkeit – vielleicht, sondern Alles. Eine Dramaturgie des zweisprachigen Gedichts als eine Verdichtung des Ich (EIN GEDICHT, DAS NICHTS WILL), das auch beim Schwimmen die Elemente wechselt, um Räume und Flächen umzudefinieren. Lesenswert!

Eva Hallama

Daniela Kocmut: Freitauchen. Gedichte. Herausgegeben von Helwig Brunner. 120 Seiten, edition keiper, Graz 2022 EUR 16,50