Kampf mit Klischees

Von Baltschik am Schwarzen Meer nach Deutschland ziehen, in der neuen Sprache schreiben und unterrichten, sich selbst in verschiedene Umgebungen einsortieren – aus diesem Hintergrund entwickelt Antonia Bontscheva ihren ersten Roman. Es geht um ihre Emanzipation von der Familie, das Eintauchen in neue Lebensumgebungen und immer wieder das Verstricktsein in die eigene Geschichte. Die Autorin beschreibt detailreich, hin und wieder übertrieben plakativ, wie sie hin und hergerissen wird von Fremdzuschreibungen, Vorurteilen ihr gegenüber und ihren eigenen Projektionen gegenüber ihren neuen NachbarInnen. Etwa, wenn sie selbst, geschminkt und gestylt mit ihrer kleinen Tochter in Bremen auf den Spielplatz geht und ihr die anderen Mütter alle grau und unattraktiv scheinen. Scharfzüngige Reflexionen über Rollenzuschreibungen wechseln sich mitunter mit stark aufgetragenen Klischees ab. Bulgarische Traditionen werden mit deutschen verglichen, dazu kommen Familienmachtspiele zwischen Großmüttern und Müttern oder Mutter und Sohn, im konkreten Fall dem Mann der Autorin. Die Betonung der Andersartigkeit – zwischen Kulturen, Personen, Generationen – wirkt hie und da wie ein gewolltes Grenzenziehen, an denen die Protagonistin dann selbst wiederum leidet.

Susa

Antonia Bontscheva: Die Schönheit von Baltschik ist keine heitere. 416 Seiten, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt/M. 2021 EUR 24,95