Kampfkunst
Gunda Wendt beschreibt eine Zeit, die längst vergangen ist und dennoch in vielen Dingen an die Gegenwart erinnert. Beispielsweise die Kausalität von Lebensgestaltungsspielraum und Geschlecht. So wie heute gab es auch vor 100 Jahren (und vermutlich schon immer) Frauen, die trotz einschränkender Rahmenbedingungen gegen Konventionen agierten und gesellschaftlich vorgezeichnete Wege verließen.
Erika Mann und Therese Giehse verfolgten atypische Ziele. Sie erlangten als Autorinnen, Schauspielerinnen, Regisseurinnen, als intellek-tuelle und politische Künstlerinnen große Bekanntheit. Im Jahr 1933 gründeten sie in München „Die Pfeffermühle“, ein „literarisches Cabaret“, um Ihrem Protest gegen den Nationalsozialismus Raum zu geben.
Der Autorin gelingt eine detaillierte Darstellung der historischen und sozialen Verortung der titelgebenden Protagonistinnen: Namen, Personenbeschreibungen, gesellschaftliche und politische Ereignisse sowie Jahreszahlen geben sich ein Stelldichein. Diese Infos sind tatsächlich hilfreich, um ein Bild der Zeit zwischen Jahrhundertwende und Ende des 2. Weltkriegs zu bekommen. Die Redundanz ermüdet jedoch mit der Zeit. Ebenso die durchgehende Psychologisierung von Erika Mann und Therese Giese und deren engerem Umfeld. Es entsteht der Eindruck, die beschriebenen Personen wären bei der Autorin in psychosozialer Beratung gewesen und die dabei angefertigten Protokolle dienten als Quelle für die Recherchen.
Gerda Kolb
Gunna Wendt: Erika und Therese: Erika Mann und Therese Giese – Eine Liebe zwischen Kunst und Krieg. 285 Seiten, Piper, München 2018 EUR 12,40